Verteilergetriebe Borg Warner 4405 F77A-7A195-GA reparieren

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Wollimann
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Verteilergetriebe Borg Warner 4405 F77A-7A195-GA reparieren

Beitrag von Wollimann »

Borg Warner 4405 Verteilergetriebe Reparatur

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Mein Dank geht erst mal an Peter, der mir den Reparaturversuch eines BW4405 (mit Tachoantrieb am Gehäuse F77A-7A195-GA) überhaupt erst ermöglicht hat. Des Weiteren möchte ich mich auch für die vielen Antworten auf meine Vorab Board Fragen bedanken. Wie sich herausstellte, muss man schon sein eigenes Hinterteil und die Tastatur bewegen um etwas zu bewegen. Deshalb habe ich einfach drauf los geschraubt und war sehr gespannt wie weit ich mit meinen bescheidenen Mitteln kommen würde. Meine Intention war es schon seit längerer Zeit ein VTG in Reserve zu haben und dies selbst zu revidieren. Dass das nicht ohne fremde Hilfe klappen konnte und nicht mal eben gemacht ist, war mir irgendwie schon vorher klar. Nach unzähligen Erkundigungen wird einem dann auch bewusst, warum das Teil so kostenintensiv ist. Leider hat das VTG BW4405 generell ein paar unangenehme Eigenschaften, die sich bei hoher Kilometerleistung (in diesem Fall 200tkm) ankündigen. Auch bei unserem VTG (198tkm) machen sich Brummgeräusche und Vibrationen bei bestimmten Drehzahlen schon seit geraumer Zeit bemerkbar. Zwar stehen alle Allrad-Funktionen (wieder -> Danke Thomas) zur Verfügung, jedoch arbeitet das VTG sehr ruppig wenn der Stellmotor und die Kupplung ihre Arbeit aufnehmen.

Den Zustand des VTG’s dürfte man wohl bei 200tkm als verschlissen bezeichnen, wobei nicht alle Bauteile davon betroffen sind. Welche der Teile nun ihre Verschleißgrenzen erreicht haben, das kann nur ein Fachmann mit Erfahrung und den nötigen Unterlagen feststellen. Welche offensichtlichen Defekte vorlagen, konnte sogar ich feststellen.

1.Kette gelängt, Spiel sichtbar durch die Sensoröffnung (noch im ungeöffneten Zustand).
2.Schwarzes Öl gemischt mit weißen Plastikteilchen und massivem Metallabrieb am Magneten.
3.Alle offenen Kugellager haben in den Laufflächen eingeriebene Metallteilchen, teilweise blockierte ein Lager (Eingang) sogar und die anderen rubbeln.
4.Alle Dichtungsringe aufgerieben oder sogar zerfranst
5.Die Fixierung der Ölpumpe im vorderen Gehäusedeckel hat die Aussparung aufgeweitet.
6.Die Bronzebuchse weist Riefen auf.
7.Beide Sensoren sind an der vergossenen Meßfläche gebrochen.
8.Beide Antriebsflansche weisen Spiel auf, man kann sie 5 mm aus dem Gehäuse ziehen.
9.Das Schlimmste zuletzt, in der hinteren Gehäusehälfte ist der Lagersitz des Ausgangslagers,
sowie die Führungsbohrungen der Schaltklauenwelle ausgeschlagen.

Für die Punkte 1.-8.gibt es Reparatur Kits, Nr. 9 bedeutet entweder neue Gehäusehälften zu besorgen oder diese aufarbeiten zu lassen, indem die Sitze gefräst (gespindelt) werden sowie zusätzliche Buchsen verbaut werden. Andere Möglichkeiten (zu lesen im Explorerforum.com) wie
Einkleben der Lager mit Spezialmittelchen oder Aufschweißen von Material mit anschließend erneutem Ausfräsen, Einlegen von Kupferband kommen eher nicht in Betracht.

Um die oben angesprochenen unangenehmen Verschleißerscheinungen für die Zukunft zu minimieren, haben sich drüben wenige Firmen ein paar Gedanken gemacht.
Zu Punkt:
5. Es gibt Lösungen um das Hin/Her der Ölpumpe zu eliminieren, indem ein kleines Metallteil eingesetzt wird oder eine kleine Schraube eingesetzt wird.

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8. Es gibt ein Sonnax Unterlegscheiben-Kit für die hintere Gehäusehälfte (Lager) um das Spiel auf ein Minimum zu reduzieren.

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9. Buchsen für Lagersitze und Wellenführungen Schaltklaue einsetzen lassen.

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Eine weitere Optimierung ist eine abgeänderte Schaltklaue, dort wird eine längere Rolle montiert um die Führung zu verbessern.

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Die Ersatzteilbeschaffung gestaltete sich ohne Insiderwissen (Danke Nene) eher zähflüssig, einige US-Firmen wollen nichts mit Europa zu tun haben, andere haben Mindestbestellbeträge oder versenden einfach nicht nach D. Gute Erfahrungen habe ich bisher mit US-Ford-Teilehändlern gemacht, wenn auch die Preise dementsprechend leicht überzogen sind. Die US-Bucht bietet, wenn man die Ford Ersatzteilnummern kennt, auch so Einiges. Dabei stellt man dann fest, dass Ex Teile auch in vielen anderen Ford Fahrzeugen verbaut werden (z.B. F150). Doch in der VTG Sache ist man eher auf die US Getriebe Zubehör Händler angewiesen. (weitere Hilfe Stichwort: Hundai Terracan)
Hier in D habe ich keinen Händler aufgetan, der diese VTG Teile so ohne weiteres besorgen wollte/konnte.

Ersatzteile:
VTG Rebuild Kit SKF Teil # STCK4405AA
Rockauto.com
Ölpumpe
Shim Kit
Case Protector
Sensoren
1L2Z-7F293-BA
www.ebay.com Verkäufer: baliseauto1152 http://www.baliseauto.com/index.htm
oder
http://www.amazon.com/dp/B000NSD5GK/ref ... 25410_item
1L24-7F293-CA
http://www.rockauto.com/catalog/moreinf ... cc=1440615
Updated Shift Fork
Kette
www.ebay.com Verkäufer 1416ecommerce
BW4404 BW4405 TRANSFER CASE CHAIN BORG-WARNER HV-051
Super schnell hier gewesen!

Werkzeug:

Ein gut sortierter Werkzeugfundus erleichtert die Sache ungemein. Speziell gekauft habe ich vorab einen Zweiarmabzieher, der aber gar nicht zum Einsatz kommen musste (hinterer Flansch konnte per Hand abgezogen werden).

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Ein sogenannter 3armiger Polradabzieher war von Nöten für die Bronzebuchse.

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Ein Spezialwerkzeug (Simatool) um ein Blindlager zu ziehen wollte ich mir nicht unbedingt zulegen
http://www.youtube.com/watch?v=QhBADmrMufs
daher wurde aus einem defekten Abzieher etwas Ähnliches gefeilt und hat sehr gut geklappt.

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Um die offenen Lager heraus zu bekommen reicht ein passendes Stück Rohr zum Austreiben und ein selbstgebasteltes Widerlager aus Holz. Kraftaufwand war sehr gering, da Lagersitze ausgeschlagen!

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Für die Sicherungsmutter am Flansch reicht ein stabiles Stück Flachstahl mit entsprechenden Bohrungen um sie lösen zu können.

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Und einfach drauf los! Erst mal sauber machen das VTG -> Kaminglas Schaum
(Demontage ist nicht vollständig dokumentiert, zu wenige Bilder gemacht)
Demontage Stellmotor
Lösen und Herausziehen von rotem Sicherungsclip um die braune Leitung für die Magnetspule aus dem Stecker zu bekommen (Stellmotor wurde wohl schon mal getauscht -> Quetschverbinder) .

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4 Stellmotorschrauben lösen (Stellmotor überarbeiten, entrosten + lackieren, Antrieb fetten, Anschlagring überprüfen)

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Beide Sensoren vorsichtig ausbauen/aushebeln

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Beide Sensoren sehen so aus, vergossenes Teil gebrochen.

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Kette ist zu sehen -> ordentlich Spiel bzw. gelängt.

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Öl ablassen, Stopfen mit Vorsicht lösen, an der Unterseite ist das Gehäuse sehr dünn/schwach.

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Ergebnis

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Magnet

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Tachoantrieb ausbauen

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Antriebsflansch ausbauen

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30er Mutter lösen

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Flansch sollte dann mit 2 arm Abzieher gezogen werden, ging in diesem Falle per Hand. Zu sehen der zerfledderte Dichtring.

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Gehäuseschrauben Torx T40 lösen,

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Nocken am Gehäuse zum Auseinanderhebeln benutzen, nicht in den Dichtspalt um die Dichtflächen nicht zu beschädigen.

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Gehäusehälfte sehr vorsichtig, langsam und gleichmäßig abheben, da die Welle vom Stellmotor eine sehr kleine Führung im vorderen Gehäuse hat und dort leicht brechen könnte.

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3,15 mm

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Kupplung Sicherungsring entfernen

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danach Kupplung abheben.

Jetzt können die Kette und die beiden Antriebsräder gleichzeitig abgezogen werden.

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Zum Vorschein kommt die Ölpumpe. Sie pumpt das Öl durch die hohle Welle und deren insgesamt 5 Austrittsbohrungen.

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Sind Pumpe und Wellen entfernt gelangt man zum Planeten.

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Den Planeten zu entfernen ist etwas fummelig, da er mit einem Sicherungsring gehalten wird der nicht gleich zu finden ist. Mit einer Haushaltsschere kann man ihn gut auseinander drücken.

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Das Planeten Innenleben kam gleich mit Lager rausgeschwuppt. Im Lager greift der große Sicherungsring ein.
Insgesamt ging bisher alles sehr leicht auseinander, keine Ahnung ob das normal ist.

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Die nächsten 2 Sicherungsringe entfernen um an die Eingangswelle, Bronzebuchse und Nadellager zu kommen.

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Vorher das Lager ausdrücken…

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…Et voila!

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Bronzebuchse ziehen

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Nadellager im Schraubstock ausdrücken

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Die Dichtringe entfernen um die Ausgangs Lager ausschlagen zu können. Ausschlagen ist übertrieben, da sie fast von alleine rausfallen dank der ausgeschlagenen Lagersitze. Dichtringe leicht aushebeln, sind nicht allzu fest.

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Das letzte Lager (Blindlager hintere Hälfte, Sitz ist nicht ausgeschlagen) wird gezogen.
An den markierten Stellen, zwischen den Kugeln den Kugellagerkorb aufbohren und entfernen.

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Selbst umgefeilten Abzieher ansetzen und Lager langsam ziehen, es löst sich ruckartig mit etwas lauteren Geräuschen.

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Lager:
Folgende offene Rillenkugellager sind verbaut

1. Ball Bearing NTN USA 6306V27 30mm inner dia, 72mm outer dia, 19mm width
2. Ball Bearing NTN USA 6207X9C3 35mm inner dia, 72mm outer dia, 17mm width
3. Ball Bearing NTN USA 6206 X15C3 30mm inner dia, 62mm outer dia, 16mm width,
4. Ball Bearing Japan Nachi 6209A8N 45mm inner dia, 85mm outer dia, 19mm width, nut and snapring

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Die alten Lager haben es hinter sich und brauchen nun nicht mehr Metallteile/späne in ihre Laufflächen einzuarbeiten. Bei Nr4. blockierte der Innenring sogar!
Habe versucht jedes Lager einzeln und in einer guten Qualität (SKF usw.) zu beschaffen, bin dabei immer wieder auf Achselzuckerei gestoßen -> Codierung der Lager.
Daher das Rebuild Kit SKF STCK4405AA, steht zwar SKF drauf ist aber Fernost drin, dafür komplett.

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Die Magnetspule ausbauen, dazu die 3 Muttern an der Außenseite der hinteren Gehäusehälfte lösen, dann das normalerweise intakte Kabel mit Steckkontakt durch das Gehäuse ausfädeln.

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Die Gehäusehälften sind jetzt soweit nackt und bereit für die Instandsetzung an den markierten Stellen.
Bevor sie weggehen evtl. noch in Muttis Geschirrspülmaschine…

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Hinterher soll es dann so aussehen, Stahlring/Buchse für den Ausgangslagersitz und einen Ring aus dem Shim-Kit um das Lager einzustellen damit der Sicherungsring gerade noch so einrastet (Eingang ist noch nicht klar?)

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und zwei kleine Buchsen (Material: Bronze) für die Welle der Schaltklaue.

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Zusammenbau:

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Sicherlich sind mir Fehler (aus mangelnder Erfahrung und Unwissenheit) beim Zusammenbau unterlaufen, ein Fachmann würde wahrscheinlich die Hände über dem Kopf zusammen schlagen, andere Teile hätten eventuell auch noch gewechselt werden müssen,
jedoch freut es mich erst einmal, dass ich kein Teil übrig behalten habe.
Wenn auch nur wenige das Innenleben des VTG zu Gesicht bekommen, es ist nicht unmöglich für einen Hobby Schrauber so eine Revision mit Hausmitteln durch zu führen.
Es hat zwar eine laaaaange Zeit gedauert, aber das Ergebnis zählt. An dieser Stelle ein Dank an Falk, Nene, das US-Forum und alle anderen Beteiligten.

Nadellager einbauen

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Mit Nuss und Schraubstock eindrücken

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Bronzebuchse einpressen mit Nuss und Schraubstock. Es gibt ein Rotunda Werkzeug dafür um die genaue Einpresstiefe der Buchse zu erhalten, hab darauf verzichtet und nach Angaben aus dem US Forum gehandelt.

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Lager aufpressen mit Hülse und Schraubstock

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Sicherungsringe nicht vergessen

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Sicherungsring im Gehäuse vorspannen, sodass das Lager freie Fahrt hat.

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Planeten in das Gehäuse einsetzen, Flacheisen rausziehen und Planeten kurz rauf/runter bewegen bis man den einrastenden Sicherungsring hört.

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Ausgangslager vorne einziehen mit Gewindestange und passendem Rundholz.

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Range Slider 830 einsetzen
Ölpumpe auf Hauptwelle stecken und darauf achten, dass sie bis Anschlag auf die Welle kommt.
Mit Drehbewegungen und etwas Öl geht es ganz gut.
Welle in Planeten stecken.
Gehäuse Dichtring von außen einpressen, vordere Ausgangswelle einstecken und mit Sicherungsring fixieren.

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Neue Kette auf beide Antriebsritzel legen und gleichzeitig auf die Wellen rutschen lassen.
Kupplungspacket auf die Hauptwelle aufstecken.
Schaltklauenwelle und Stellmotorwelle einstecken.

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Beide Lager in den reparierten Gehäusedeckel einpressen (Rundholz und Schraubstock)
Magneten in hinteren Deckel schrauben (Vorsicht mit dem Kabel)
Zu Anfang polierte Wellen sollten es jetzt ermöglichen die Gehäuse zur Probe zusammen fügen zu können.
Span-Magneten nicht vergessen.

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Bei Bedarf die Sensoren wechseln.

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Teile mit sparsam gelegter Dichtmasse zusammen fügen.
Anzugsdrehmoment 27-35 NM Gehäuse Schrauben
Torx T40

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Sensorscheibe und Tachoritzel einlegen.

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Dichtungsring einpressen (kann leicht mit Dichtmittel versehen werden)

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(für den Sensor musste noch ein M8er Gewinde geschnitten werden, da das alte überdreht war)

Dichtungsring Stellmotor Welle eindrücken.

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Stellmotor mit etwas Dichtmasse montieren

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Antriebsflansch mit neuem Dichtring montieren.
Anzugsdrehmoment 338-372 NM
Nuss 30 mm

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Es kommt wohl manchmal vor, dass die beiden Gehäusehälften beim Zusammenbau nicht ganz zusammen kommen. Aus irgendeinem Grund bleibt dann ein 10 mm Spalt, der die gewaltlose Montage verhindert. Deshalb hatte ich vorab die Hälften trocken ohne Dichtmittel zur Probe zusammen gesteckt und hat geklappt. Wichtig ist dabei, dass sich nichts verkantet, leichte Handballenschläge waren aber nötig. Für den späteren Ablauf mit Dichtmittel (da nur eine gewisse Verarbeitungszeit) ganz hilfreich.

Ein Problem, bzw. Feststellung, ist nach dem Zusammenbau jedoch noch zu bemerken.
Bevor als letzte Handlung die Mutter festgezogen wurde, haben sich alle Teile relativ leicht von Hand drehen lassen. Auch das manuelle Verstellen der Schaltwelle von High auf Low hat reibungslos funktioniert.
Nach Anziehen der Mutter ist der Kraftaufwand die Welle per Hand zu drehen jedoch um ein vielfaches größer. Im Altzustand ließen sich die hintere Welle und der Flansch nach vorne ein kleines Stück heraus ziehen. Jetzt besteht kein Spiel mehr und ich denke, dass ich doch einen Fehler mit eingebastelt haben könnte.

Diese Gegebenheit ließ sich bis jetzt noch nicht klären. Würde mich freuen, wenn man das hier besprechen könnte.

Danke Wolle


Danke @Wolle - Die anschließende Diskussion findet hier statt --> http://www.explorer4x4.de/viewtopic.php?p=225301#225301 Gruß Falk)
Zuletzt geändert von Wollimann am 02.11.2013 23:54, insgesamt 2-mal geändert.
4,0 SOHC, Build Date 01/10/96, EZ97
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